LINK: Kultusministerium Bayern - Schulberatung - Lernstörungen
Neuere Erkenntnisse aus Medizin, Psychologie und Pädagogik ermöglichen eine genauere Erklärung der Ursachen und Entstehung sowie der Erscheinungsbilder dieser Teilleistungsstörung und geben konkrete Hinweise für gezielte Fördermaßnahmen, die an den individuellen Schwierigkeiten des einzelnen Schülers orientiert sind.
Unterscheidung Legasthenie und LRS
Zu unterscheiden ist eine Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie, Dyslexie) mit teilweise hirnorganisch bedingten, gravierenden Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsstörungen von einer vorübergehenden Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS), die in mehr oder minder starker Ausprägung eine Verzögerung im individuellen Lese- und Schreiblernprozess darstellt.
Zu unterscheiden sind zusätzlich Erscheinungsformen der Lese- und Rechtschreibschwäche bei Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.
Legasthenie
Legasthenie ist eine Störung des Lesens und Rechtschreibens, die entwicklungsbiologisch und zentralnervös begründet ist. Die Lernstörung besteht trotz normaler oder auch überdurchschnittlicher Intelligenz und trotz normaler familiärer und schulischer Lernanregungen. Die Beeinträchtigung oder Verzögerung beim Erlernen grundlegender Funktionen, die mit der Reifung des zentralen Nervensystems verbunden ist, hat demnach biologische Ursachen, deren Entwicklung lange vor der Geburt des Kindes angelegt oder durch eine Schädigung im zeitlichen Umkreis der Geburt bedingt ist.
Legasthenie ist eine nur schwer therapierbare Krankheit, die zu teilweise erheblichen Störungen bei der zentralen Aufnahme, Verarbeitung und Wiedergabe von Sprache und Schriftsprache führt. Individuelle Ausprägungen und Schweregrade dieser Lernschwierigkeit ergeben sich durch unterschiedliche Kombinationen von Teilleistungsschwächen der Wahrnehmung, der Motorik und der sensorischen Integration. Von Legasthenie sind rund 4 % aller Menschen betroffen.
Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS)
Im Gegensatz zur anhaltenden Lese- und Rechtschreibstörung können Schüler ein vorübergehendes legasthenes Erscheinungsbild aufweisen, das auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen ist. Ursache dafür kann z.B. eine Erkrankung, eine besondere seelische Belastung oder ein Schulwechsel sein. Rund 7 bis 10 % aller Schüler im Einschulungsalter haben Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens.
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Lese- und Rechtschreibschwächen im Rahmen einer allgemeinen Minderbegabung treten bei Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf, die aber nicht so schwach begabt sind, dass sie eine Schule zur individuellen Lernförderung besuchen müssten. Diese Schüler haben jedoch in allen Bereichen schulischen Lernens und Arbeitens teilweise erhebliche Schwierigkeiten, die über die gesamte Schulzeit anhalten.
Fördermaßnahmen im Rahmen des Unterrichts
"Die Grundschule betreut jedes Kind mit dem Ziel seiner allseitigen Förderung.
Sie sucht individuelle Begabungen bestmöglich zu entfalten, bemüht sich, Rückstände aufzuholen, Schwächen zu beheben oder anderweitig auszugleichen und leitet - wenn dies nicht möglich ist - dazu an, mit ihnen zu leben" (Lehrplan für die Grundschule, KMBl I, So.-Nr. 20/1981).
Entsprechendes gilt für alle anderen Schularten.
Viele Schüler haben Schwierigkeiten bei der Schriftsprachentwicklung, bei manchen halten diese Schwierigkeiten an. Die Lernfortschritte eines Schülers sind deshalb von Anfang an sorgfältig zu beobachten. Treten in der Grundschule beim Erlernen des Lesens und / oder Rechtschreibens besondere Schwierigkeiten auf, ist zu versuchen, diese mit geeigneten Fördermaßnahmen im Rahmen der inneren Differenzierung im regulären Unterricht sowie in den in der Stundentafel für die Grundschule besonders ausgewiesenen Förderstunden zu beheben. Die Fördermaßnahmen werden in der Regel vom Klassenlehrer durchgeführt. Eine Ausgliederung ist dabei in der Jahrgangsstufe 1 zu vermeiden. In den anderen Jahrgangsstufen der Grundschule wie auch in der Mittelschule können klassenübergreifende Stütz- und Förderkurse gebildet werden (Bestimmungen zur Stundentafel, Nr. 4.3). Eine äußere Differenzierung, z.B. in Form sog. Legasthenikerklassen, ist nicht statthaft.
Für Schüler, deren Lese- und Rechtschreibschwäche über die Grundschule hinaus besteht, können geeignete Fördermaßnahmen in den weiterführenden Schularten einschließlich der Jahrgangsstufe 10 ergriffen werden.
Besondere Fördermaßnahmen
In Anwendung des § 10 Abs. 4 Nr. 1 der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern kann für Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und des Rechtschreibens an Grund- und Hauptschulen besonderer Förderunterricht eingerichtet werden.
In einzelnen Fällen wird es nötig sein, insbesondere zur Unterscheidung von Schülern mit Legasthenie und solchen mit einer vorübergehenden Lese- und Rechtschreibschwäche, die Beobachtungen der Schule durch gezielte Untersuchungen zu ergänzen. Soweit nicht eine medizinische Untersuchung angezeigt erscheint, können besonders fachkundige Lehrkräfte (Beratungslehrkräfte und Schulpsychologen) damit beauftragt werden. Tests sollen dabei jedoch nicht nur der Feststellung von Art und Ausmaß bestimmter Schwächen dienen, sondern in erster Linie geeignete Fördermaßnahmen aufzeigen. Da punktuelle Tests allein nicht aussagekräftig genug sind, sollten sie durch gezielte Langzeitbeobachtungen gestützt werden.
Bei Schülern, deren Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben in Zusammenhang mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf stehen, ist bei Fortdauer erheblicher Schwierigkeiten ggf. zu überprüfen, ob eine weitere Förderung in der Grundschule bzw. in der Mittelschule in angemessener Weise möglich ist.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Kultusministerium Bayern